Die Branche sucht nach einem Ausweg

Reflexartig musste ich schmunzeln. Eine Branche, die seit dem April 2020 existiert sucht nach einem Ausweg.

Wieder muss ich mich an eine Begebenheit von früher erinnern. Die digitalen Mega-Printer, die fünf Meter breit drucken konnten und die Outdoor-Werbung revolutionieren sollten, waren gerade erfunden worden. Da ich alles Neue in der Türkei einführte, hatte ich die Vertretung des damals einzigen Herstellers. Bis dato waren die Tabellenmaler voll ausgelastet. Wenn Läden oder Wände beschriftet werden mussten, mussten sie ran, denn es gab keine Alternative.

Ich war mir sicher, mit den Mega-Printern würde alles anders werden. Stückpreis damals 5 Mio. USD. Schon sagten alle, von denen ich dachte, sie müssten begeistert sein und auf den Zug aufspringen:

Wer soll das bezahlen, so etwas funktioniert in der Türkei nicht, kein Bedarf.“

Ich als Visionär dachte daran, dass man alle Baugerüste im Land, davon gibt es Millionen in der Türkei, mit Werbung versehen könnte. Ich war der Zeit, nach der türkischen Uhr, einige Jahre voraus. Erst als die Geräte 1 Mio. USD das Stück kosteten und ich mittlerweile die Lust an der Sache verlor, zündete die Outdoor-Werbung der Türkei. Ein Unternehmen kaufte gleich fünf Stück davon und beherrschte den Istanbuler Markt alleine und kam nicht mal nach. Je günstiger die Maschinen wurden, umso mehr explodierte der Markt. Heute sind WallDecaux, Stroer & Co. aus Deutschland und andere internationale Unternehmen der Branche, allesamt in der Türkei vertreten. Jetzt kommt die Meldung überhaupt. Türkei ist Weltmarktführer, was den Einsatz von Maschinen für Outdoor-Werbung geht. Der Markt ist dermaßen mit Druckmaschinen für Outdoor-Werbung übersät, dass man die Drucke zu 1/10 bis 1/20 der Preise, die man aus Deutschland kennt, bekommen kann. Es geht nur darum, die Maschinen laufen zu lassen.

Jetzt passierte es abermals.

Kommen wir zum Überschrift. Im April ging es los. Mund-, Nasenmasken waren verlangt und Mangelware. Schon gingen die Fördermaßnahmen los. Fast jeder Produzent von irgendetwas, der in der Lage war umzuswitchen, tat es und kaufte Maschinen zur Maskenproduktion.

Heute erfahre ich, dass die Türkei 40 Milliarden Masken im Jahr herstellt. Während einige sich fragen, was jetzt passieren soll, weil eine so große Nachfrage gar nicht geben kann, gehen andere, ahnungslose, immer noch hin und investieren in Maschinen zur Maskenproduktion.

Da alles was subventioniert wird, in der Türkei grundsätzlich gefragt ist und die Subventionen für Maskenherstellungsmaschinen noch Bestand haben, wächst die Kapazität, während die Nachfrage hinterherhinkt. Was ohne Pandemie passieren wird, daran wollen wir erst gar nicht denken. Anfänglich sollen die einfachen Masken ca. 5 TL gekostet haben. Jetzt sind die Preise bei 0,30 TL. Viele Hersteller sollen froh sein, wenn sie überhaupt verkaufen, um nicht darauf sitzenzubleiben. Man schätzt den Bedarf an Masken für die Türkei auf 18 Milliarden Stück im Jahr, wenn die Pandemie Bestand hat.

Exporte – unter ferner liefen

Exportiert hat man in 7 Monaten für 116 Millionen USD. Das kann viel klingen, aber wenn man bedenkt, dass die EU bis jetzt für über 10 Mrd. EUR schon aus China importiert hat, ist man weit abgeschlagen.

Die meisten Masken erfüllen nicht die Standards

Noch eine interessante Zahl schwirrt in der Gegend rum. 80% der Hersteller von Masken produzieren schwarz und haben nicht einmal ein Gewerbeerleaubnis. Dem Präsidenten hat man dieser Tage ein Bericht vorgelegt, in dem es heißt, dass die ohne Erlaubnis produzierten Masken zu 90% nicht die erforderlichen Standards erfüllen und zu nichts nutzen.

Die Türkei ist ein Schrottplatz von Maskenherstellungsmaschinen geworden. Die Lagerhallen sollen voll mit Masken sein. Wohin damit?

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