„Ohne Fernbusse fällt das Verkehrssystem der Türkei zusammen!“

Das ist der Grundtenor in der Branche und nicht nur in dieser. Derzeit gibt es 324 eingetragene Fernreise-Busunternehmen mit etwa 7.000 Bussen, gefahren von etwa 21.000 Busfahrern, 14.000 mitreisenden Servicemitarbeitern sowie etwa 100.000 sonstigen Angestellten. Millionen von Menschen werden in der Türkei, die im Übrigen flächenmäßig nahezu doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland ist, mit dem Bus bewegt. Flugzeuge, das schlecht ausgebaute Schienennetz mit seiner mangelhaften  Anbindung, sowie die verfügbaren Schiffe reichen bei Weitem nicht aus, all die Menschenmassen zu bewegen.

Ist das plausibel?

Warum ich auf die Fernreisebusse verweise hat einen einfachen Grund. Ausschließlich bei den Fernreisebussen gibt es derzeit Aufgrund der Coronapandemie eine 50% Regelung welche besagt, dass in den Bussen nur maximal die Hälfte der zur Verfügung stehenden der Sitzplätze benutzt werden dürfen. Warum das nur für die Fernreisebusse gilt und nicht für die anderen öffentlichen Verkehrsmittel, kann sich weder die Branche oder jeder sonst noch klar Denkende erklären. Die sich daraus unmittelbar  ergebende Konsequenz ist die Tatsache, dass immer mehr Busunternehmen vor der Insolvenz stehen.

Die ineffektiven und absurden Maßnahmen der Regierung verhindern einen wirtschaftlichen Betrieb.

Nahverkehrsunternehmen die speziell und ausschließlich Kurzstreckenfahrten mit dem Bus durchführen, werden staatlicherseits subventioniert. Ganz anders dagegen die Fernreisebusunternehmen, die nicht nur nicht gefördert werden, sondern zudem noch staatliche festgesetzte Fahrpreise vorgeschrieben bekommen.

Diese offenbar völlig willkürlich und fern jeder wirtschaftlichen Berechnung festgelegten Fahrpreise sind so absurd niedrig angesetzt, dass ein kostendeckender Betrieb eines Fernreisebusses von vornherein völlig ausgeschlossen ist.

Ich habe es persönlich erlebt, wie ein Fahrer den Bus auf der Fahrt von Alanya nach Konya für 2.350 TL betankte. Da mein Ticket für die Fahrt lediglich 30 TL kostete, zählte ich die Mitreisenden. Mit mir selbst waren es 18 Passagiere auf der Fahrt. Nur für die Kraftstoffkosten standen also den Einnahmen von 540 TL die Ausgaben alleine nur für Kraftstoff in Höhe von 2.350 TL gegenüber.  Meinem geweckten Interesse folgend befragte ich den Fahrer nach Einzelheiten zu seinem Geschäft.  Er berichtet mir, dass er den Bus entsprechend der „Corporate Identity“ des Busunternehmens Innen und Außen gestalten müsste. Zudem muss er den Fahrgästen einen genau festgelegten Service anbieten. Dazu gehören neben Getränken, wie Tee, Kaffe und Wasser auch Süßgebäck und Feuchttücher.

Es bedarf nun also keinerlei kaufmännischer Kenntnisse sich sehr einfach auszurechnen, dass dieses Geschäftsmodell zwangsläufig zum Scheitern verurteilt ist. Es ist ja nicht nur mit dem Tanken getan. Der Bus muss gewartet, versichert und irgendwann auch ausgetauscht werden. Bei den maximal erzielbaren Einnahmen eine Unmöglichkeit. Selbst wenn der Bus voll fahren könnte ist ein wirtschaftlicher Betrieb bei diesen Fahrpreisen ausgeschlossen. An Gewinn ist bei solchen Einnahmen schon gar nicht zu denken.

Was wird die Konsequenz  dieser willkürlichen Regierungsregeln sein?

Der M.A.N. CEO Tuncay Bekiroglu sagte im Fernsehen, dass die Busunternehmer so nicht werden überleben können. So beklagte er, dass die Neuverkäufe für die MAN Busse inzwischen um 80% gesunken wären. Dasselbe hört man von den türkischen Busherstellern TEMSA und OTOKART, die ihre Angst vor einer möglichen Insolvenz zum Ausdruck gebracht haben. Zudem wird insgesamt befürchtet, dass sich auch die anderen ausländischen Bushersteller vollständig vom türkischen Markt zurückziehen könnten.

Der Gipfel der Absurdität ist im Übrigen die Tatsache, dass die Gebührensteigerungen für Brückenüberfahrten und Autobahngebühren nicht auf den Fahrpreis umgelegt werden dürfen.

 

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