Gewonnen ist gewonnen! Jetzt gilt es sich zu beweisen.
„Wacht auf, er wurde doch nur gewählt, weil er kein Türke mehr ist. Die Politik braucht ein frisches Gesicht und Belit liefert diesen. Mal ist er mit Juden zu sehen, mal mit PKK Anhängern. Er ist doch ein Türkeifeind, sonst wäre er nie aufgestellt und gewählt worden.“
„Er wurde bestellt und gewählt, na herzlichen Glückwunsch Hannover. Jetzt wird Hannover noch schlimmer, das ist das Ende der Stadt.“
Die Geisteshaltung dieser identitären Argumentationen hat offenbar dieselbe Heimat. Sie glauben nicht an die Macht freier Wahlprozesse und gesellschaftlicher Dynamiken sowohl bei der Nominierung als auch bei der Stimmabgabe: Von den rund 402.000 Wahlberechtigten haben in der Stichwahl 43,5% – also 174.870 Wahlberechtigte – ihre Stimmen abgegeben; darunter 52,9% für Belit Onay – also 92.506 Stimmen, die laut „Experten bestellt oder gesteuert“ sind.
Eine Entkräftung dieser „Bestellung und Steuerung“ sowie die Darstellung von politischen Willensbildungsprozessen erspare ich mir, frage mich aber zugleich, ob diese Argumentationen der Kritiker bei Wahlen auch in anderen Ländern gültig ist.
Die Verortung Onay´s in der politischen Bandbreite zwischen der nationalistischen MHP und der terroristischen PKK oder ‘ ‘Bestellung’zeigt doch im Prinzip ein in sich verschlossenes Weltbild der Kritiker, für die es einfach nicht möglich ist, dass ein #Gastarbeiterkind politisch Karriere machen kann; ohne sich sachlich mit ihm, seiner Biographie und seinen politischen Themen beschäftigt zu haben. Eine Kritik gegenüber den politischen Zuständen im Herkunftsland qualifiziert nicht einen Politikerin zum „Haustürken“ und ist keine Voraussetzung, um politisch Karriere zu machen; das zeigen ganz andere erfolgreiche politische Biographien – ein Blick in die Parlamente reicht aus. Ganz zu schweigen von den „besorgten Bürgern“, für die ein türkischstämmiger Oberbürgermeister wohl ein Zusammenbruch ihres Weltbildes bedeuten müsste.
In jedem Fall stellt seine Wahl ein historisches Novum* dar und symbolisiert zugleich den gesellschaftlichen Wandel, indem Herkunftsdeutsche auch Türkischstämmige zu ihrem Stadtoberhaupt wählen und Migranten politisch höhere Ämter bekleiden und umgekehrt türkischstämmige Politiker sich für das Gemeinwohl aller einsetzen können. Dadurch werden sie unmittelbar zu einem wichtigen Vorbild gerade für junge Migranten, die sich politisch engagieren möchten und dies auch verstärkt sollen.
Jetzt muss #BelitOnay zeigen, dass er ein guter Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt sein kann und damit seine Kritiker eines Besseren belehren; dabei wünsche ich Dir viel Glück und Erfolg!
Von Caner Aver, Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung
(*) Er ist mindestens der Vierte Bürgermeister in Deutschland mit türkischen Wurzeln, aber der erste einer Großstadt.
Hier ein Beitrag der WELT: Fakes über Belit Onay