Was bringt Denunziation?

Beide Male hieß es am Flughafen auf der asiatischen Seite von Istanbul: „Sie sind aus Deutschland mehrmals anonym angezeigt worden. Sie sollen gegen die Türkei arbeiten und Beiträge schreiben, die die Türkei schlecht dastehen lassen.“

Ich kritisiere damit es besser wird. Ich drücke auf die wunden Punkten. Ich berichte über Dinge, über die man in der Türkei nicht berichten darf. Ein-Mann-Regimes stehen immer schlecht da. Einer lebt, alle leiden.

Was bringt Denunziation?

Ich denke, für den betreffenden ist das so etwas wie Masturbation. Wenn diese Typen mir namentlich bekannt wären, würde ich sie gerne fragen, was dieses Denunziantentum denen gebracht hat. Ruhm, Ehre, Payback-Punkte? Nichts davon. Nur einen kurze Befriedigung und das war es. Auf der anderen Seite können dann die Betroffenen ausbaden, was ein Idiot angerichtet hat. Übrigens, bei vielen Türkeistämmigen ist es so, dass sie zumeist von einem, Bekannten, sog. Freund, Feind, oder Verwandten gemeldet werden. Wie sollten diese Menschen, von den Sicherheitskräften, sonst direkt vom Flieger abgeholt werden?

Das Abchecken vorher brachte nichts

Dabei hatte ich, wie vor jeder Reise, abchecken lassen, ob irgendetwas gegen mich vorliegt. Nur sieht es wüst aus in der Kabine des Grenzschutzbeamten bei der Passkontrolle. Er checkt zum einen über den Computer und zum anderen hat er da hunderte von losen Blättern und Listen rumfliegen, wo ebenfalls Gesuchte draufstehen. Wie ein mir bekannter Grenzschützer sagte, würden täglich solche Listen reingereicht werden. Zeit diese durchzugehen hätten sie selten. Das mag auch der Grund gewesen sein, dass ich zwar nicht im Computer, aber auf diesen Listen auftauchte, auf „Erdogans Liste“, damit möchte ich Steven Spielberg einen Wink geben. Wie wärs?

Das Verhör

Auch wenn ich bei der Vernehmung zitterte, so ging es mir immer besser, je mehr ich redete. Die Beamten um mich wurde ebenfalls gelassener, zumal denen meine lustige Erzählungen ernster Dinge gefallen hat und das Ernste in deren Gesichtern verschwand. Ich erwischte mich dabei, wie ich aus meinem Leben und Erfahrungen erzählte. Wie ich deutsche Unternehmen in die Türkei führte und für Arbeitsplätze im Land sorgte und das nicht zu knapp. Ich stellte nach meinem kurzen Statement von nur einer Stunde stellte ich fest, so bin ich nun mal, einmal im Redefluss, werde ich zum Geschichtenerzähler, dass ich an dem Punkt angekommen war, die Gegenfrage zu stellen: “Was hat der Denunziant für das Land getan“ Das, was meine Opa‘s, Oma, mein Vater und mein Onkel noch für das Land getan hatten, zählte ich nicht mehr auf, sonst hätte ich beide Male die Maschine verpasst.

Mein Schutzschild waren meine Verdienste, die der Denunziant sicher nicht vorweisen konnte.

Da ich bei vielen Aufträgen der deutschen Unternehmen die AKP Mannen mit im Boot haben musste, damit die Regularien zu unseren Gunsten ausgelegt und verbogen wurden, stand ich auch mit Ministern der damaligen Zeit in Kontakt. Das mag damals ein Schutzschild für mich gewesen sein. Die Zeiten sind aber vorbei. Die Mächtigen in Ankara wissen, dass sich so leicht kein ausländisches Unternehmen mehr dieser Tage in die Türkei mehr traut.

Denunzianten-App

Innovation ist nicht des Türken Ding, aber wenn es um so etwas Böses geht, hat es sogar mit der Innovation geklappt. Wenn man ein App der türkischen Sicherheitsbehörden und des Geheimdienstes runtergeladen hat, kann man schneller denunzieren. Bis jetzt soll dieser App über 100.000 mal runtergeladen worden sein in Deutschland. Wenn man von knapp 1,5 Mio. Erwachsenen Türkeistämmigen in Deutschland ausgeht, müsste dann jeder 15. ein potentieller Denunziant sein.

Reisenwarnung für Blogger und Journalisten

Gestern sprachen der Journalistenverband und das Auswärtige Amt für Journalisten und Blogger, Reisewarnungen für Reisen in die Türkei aus. Schon ein Like an heikler Stelle in sozialen Netzwerken könne dort strafrechtliche Konsequenzen mit sich bringen.

Lesen, aber nicht liken und nicht kommentieren

In der Facebook-Gruppe, „Deutsche in der Türkei, Rückkehrer, Auswanderer und Langzeiturlauber“ werden meine Beiträge geteilt. Das ist auch gut so, denn so erfahren Deutsche, die in der Türkei leben, was so in ihrer Umgebung abgeht, wie es den Türken geht. Es gibt einige deutsche Ehefrauen türkischer Männer, die voll Erdogan Propaganda machen, aber die sind mittlerweile erkannt und werden nicht ganz ernst genommen. Die Beiträge werden, laut Facebook-Grafiken, von Tausenden gelesen, aber nur von wenigen geliked und kommentiert. Oft kommentieren auch U-Boote und Whataboutismanhänger. „Ja, aber in Deutschland gibt es auch keine Meinungsfreiheit und die Menschenrechte werden auch missachtet.“ Ja, mit diesen Menschen muss man sich auch in dieser Gruppe rumschlagen. Dass einer in diesem Zusammenhang überhaupt auf die Idee kommt, Deutschland mit der Türkei zu vergleichen, ist die Krönung.

Ich bleibe lieber in Deutschland, weil hier die Meinungsfreiheit nicht gibt. 🙂 Übrigens, 2019 gilt es 70 Jahre Grundgesetz zu feiern.

 Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der größte Lump in diesem Land?

„Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Auch diesen Menschen wünsche ich ein frohes Neues.

Kaltstart X - Das Buch von Ahmet Refii Dener

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