Türkei: Ab jetzt auch Privatinsolvenz möglich

Die Millionen von Gerichtsakten die Pfändungsbeschlüsse gegen Schuldner zur Folge haben würden, galt es zu dezimieren. Denn die meisten Fälle verjährten, ohne bearbeitet zu sein. Damit man die Gerichte entlastet, nahm man vor Jahren durch ein Gesetz, den Reiz der Pfändungen, in dem man beschloss, dass nur das aus den Häusern verpfändet werden darf, was doppelt vorhanden ist. Da kaum jemand zwei Fernseher, zwei Kühlschränke, Spülmaschinen, oder Waschmaschinen besaßen, machten sich die Gläubiger nicht mehr die Mühe, sich über Pfändungen an die Schuldner ran zu halten. Die Folge war tatsächlich die Entlastung der Gerichte, aber auch der Schuldner, die jetzt nicht mehr die große Angst hatten, etwas zu verlieren und ohne Scheu Schulden machten.

Da jeder Hausbesuch des Gerichtsvollziehers Geld kostet, schaute man über die persönliche ID-Nummer, ob die Person Grundstücke, Immobilien o.ä. besaß, wenn nicht, war man als Gläubiger in der Sackgasse.

Es entstanden Inkassounternehmen, die es bis dato in der Türkei nicht gab. Vorher hatten die Factoring-Unternehmen diese Aufgabe inne, obwohl diese ja bekanntlich für was anderes zuständig sind.

Jetzt hat ein erster Bürger in Mersin den Anfang gemacht und Privatinsolvenz beantragt. Eigentlich hat den ersten Stein ein Journalist der einzigen Wirtschaftszeitung Dünya geschmissen. Er schrieb in einem Artikel, dass der Gesetzestext so formuliert ist, dass nicht nur Unternehmen, sondern auch Personen Insolvenz anmelden könnten. Er bezog sich auf das Gesetz Nr. 7101 §13 und schrieb, dass dort keine Einschränkung wäre, warum Privatpersonen nicht auch in Insolvenz gehen können.

Wie in der Türkei üblich, wurde unter Missachtung des Datenschutzes der Name der ersten Antragstellerin bekanntgegeben. Die Abwicklung der Insolvenz scheint bei Privatpersonen komplizierter zu funktionieren, zumal die Richter damit keine Erfahrungen haben.

Die Nachfrage ist groß und Millionen von Akten werden sicher bald wieder zusammenkommen.

 

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