Türkei: Lieferantenkredite und Verzugszinsen 12% im Monat

Ein Online-Vergleichsportal warb im Radio mit minus 0,5% Zinsen bei Finanzierungen. Solch ein Angebot in der Türkei zu erwähnen kann u.U. zu Folge haben, dass man in die Zwangsjacke und anschließend in die Gummizelle gesteckt wird.

Die Zeit zu erklären, dass das Real ist, wird man nicht bekommen. Gerade lese ich einen Bericht im Magazin „Capital“ (türkische Ausgabe). „Capital“ hat in verschiedenen Branchen gefragt, wie es mit den Zinsen bei Zahlungsverzug und Lieferantenkrediten ausschaut. Der CEO der Polat Holding, Baran Demir sagt, dass in der Baubranche Zahlungsziele von 360 Tagen keine Seltenheit sind. In der Lederbranche sollen die Zahlungsziele bei 15-18 Monaten liegen. Ich denke, da kann man die Lust an Geschäften verlieren. Wo soll der Reiz liegen, wenn ich die Ware heute liefere und 18 Monate auf das Geld warte, nicht wissend, ob es überhaupt bezahlt wird?

Unter 12% Monatszins (Durchschnitt) geht gar nichts

So ohne weiteres gibt man die Lieferantenkredite natürlich nicht. Die monatlichen Zinsen sind enorm hoch. Bei der Geflügelindustrie liegen die monatlichen Zinsen bei 5-15%, bei Baumaterial 5-8%, bei Haushaltswaren 12,5-21%, bei Bekleidung 15-18% usw. Unter 12% läuft in den weiteren Branchen nichts. Ich betone nochmals, es sind Monatszinsen, die man bei den Lieferantenkrediten aufschlägt. Die Verzugszinsen sind identisch. Eigentlich eine Lotterie. Wie soll der Käufer so viel erwirtschaften, dass samt Zinsen der Betrag zurückgezahlt werden können?

Was passiert, wenn der Abnehmer bzw. der Eigentümer des Unternehmens aus scheinheiligen Gründen, zumeist als Gülenist und Unterstützer einer Terrororganisation verhaftet wird? Das Unternehmen geht dann in der Regel an den Staat und danach Pleite.

Es bleibt schwer, Geschäfte zu machen und zu überleben in der Türkei, wenn man vom Inlandsmarkt abhängig ist. Wer allerdings vom türkischen Boden für das Ausland produziert und die nötigen Teile für die Produktion aus der Türkei besorgen kann und diese teile ebenfalls nicht hohe Importanteile enthalten, findet ein gutes Betätigungsfeld.

Selbständige Erdogan-Anhänger in Deutschland sollten mal folgendes überlegen!!!

Der türkische Präsident ist dieser Tage in Deutschland unterwegs und macht eigentlich keine gute Figur, genau wie die deutschen Politiker. Gestern hat er beim Bankett einen seiner berühmten Wutanfälle bekommen und sich abermals blamiert. Nicht aber für seine Anhänger, denn diese lieben gerade diese Manieren an ihm. “Jetzt hat er es den Deutschen aber gegeben” ist die Beschreibung der Szene. Auf die Sichtweise kommt es an. Deutschland macht Erdogan also immer stärker, auch ohne finanzielle Hilfen.

Wie schlimm die Situation in der türkischen Wirtschaft ist kann man aber eher mit dem obigen Zustand erklären. Der selbständige Türkischstämmige in Deutschland soll sich mal vorstellen, wie das wäre, wenn er Ware einkauft und auf der Rechnung steht: Zahlbar 30 Tage mit 12% Aufschlag. Kommt noch ein Verzug von 1-2 Tagen dazu, sind abermals 12% fällig.  Oder umgekehrt, sie verkaufen ihre Ware und warten 15 Monate auf ihr Geld. Könnten Sie überleben?

Quelle: Capital-Türkiye

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