Religionsfreiheit JA, aber …

GASTBEITRAG von Astrid Manthey. “Die Ausübung des Glaubens dürfe aber nicht außerhalb des Rechts erfolgen” Dieser Satz umfasst alle der Religionsfreiheit impliziten Komplikationen und ihre Antwort.

Unsere europäischen Gesellschaften sind, geprägt durch Reformation und Aufklärung, und nicht zu vergessen auch der Emanzipationsbestrebungen der Frauen in den letzten Jahrhunderten (!), in ihren Werten und Normen, und ihrer Gesetzgebung darauf ausgerichtet, eine Gleichberechtigung der Geschlechter zu erreichen. Diese ist in Deutschland im Grundgesetz verankert und hat damit Verfassungsrang. Mittlerweile haben wir zumindest rechtlich sogar die Anerkennung eines dritten Geschlechts neben der bekannten Geschlechterdualität.
Wir haben verankert, dass niemand wegen seiner Ethnie, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter benachteiligt werden darf. Das ist übrigens eine der Aufgaben, für die auch Gleichstellungsbeauftragte gesetzlich in den Kommunen vorgeschrieben sind (diese Frage wurde neulich in einem anderen Kontext gestellt).

Bei dem im Alltag und der Öffentlichkeit immer sichtbarer werdenden konservativen Islam ist eine Geschlechtersegregation offensichtlich. Sie wird bestärkt durch die vielfältigen Formen der weiblichen Verschleierung, die übrigens so keine Grundlage im Koran oder den Hadithen haben, aber auch durch die offensichtliche Trennung von Männern und Frauen in der Öffentlichkeit. Auch in den Moscheen und Koranschulen müssen Frauen und Mädchen räumlich getrennt von den Männern ihre Gebete verrichten. Die Begründung wird zwar u.a. in Sure 24, Vers 31 sowie Sure 33, Vers 53 und 59 gesehen, doch da der Koran in dieser Denkart wortwörtlich genommen und nicht im historischen Kontext betrachtet wird, ist eine Trennung der Geschlechter definitiv nicht mit den geltenden Gesetzen, die Gleichberechtigung und nicht nur Gleichwertigkeit, wie im Koran beschrieben, fordern, zu vereinbaren. Auch ist eine solche Denkweise nicht unter dem Deckmäntelchen der Religionsfreiheit zu subsumieren. Denn hier kollidieren zwei Gesetze miteinander: das der Religionsfreiheit und das der Gleichberechtigung von Frau und Mann. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht zu den sowieso vorhandenen Spaltungen in der Gesellschaft eine weitere Trennung vollziehen, nämlich dass es für muslimische Mädchen und Frauen andere, weniger Rechte, Entwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten gibt, als für westlich sozialisierte. Religionsfreiheit, d.h. die Entscheidung FÜR oder auch GEGEN eine Religion (positive und negative Religionsfreiheit) kann erst dann möglich sein, wenn die Basis der Menschenrechte beachtet wird. Und hier ist eindeutig definiert, dass Frauenrechte Menschenrechte sind. Religionsfreiheit existiert somit nicht im luftleeren Raum.

Die Geschlechtesegregation, die sich nicht nur in den unterschiedlichen Räumlichkeiten, der Verschleierung und auch den geringeren Bildungsmöglichkeiten der Mädchen und Frauen zeigt, wird ganz klar auch in dem verweigerten Handschlag, sowie der im Artikel beschriebenen fehlenden Akzeptanz der Befragung durch das jeweils andere Geschlecht hinsichtlich der gewünschten Einbürgerung sichtbar.

Hier wurde zu Recht eine solche verweigert, weil das Verhalten des muslimischen Ehepaars deutlich zeigt, dass sie mit ihren Vorstellungen und ihrem Verhalten weit von einer Akzeptanz der geltenden Gesetze, Werte und Normen und damit einer gelungenen Integration entfernt sind. Ich begrüße die Entscheidung des Kantongerichts und würde mir eine solche Klarheit mit dem Bekenntnis zu den hiesigen Werten und Normen auch seitens der deutschen Politik und Justiz wünschen.

Die Autorin Astrid Manthey ist wissenschaftliche Diplom Sozialpädagogin (Uni) und Gleichstellungsbeauftragte.  Sie lebt in Hamburg.

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