‘Juller’ und Gottfried Fuchs spielten einst in der deutschen Fußballnationalmannschaft

Der Karlsruher SC war zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Karlsruher FV. Die Mannschaft gehörte zu den besten im Land. Die beiden Stars der Mannschaft waren Gottfried Fuchs und Julius Hirsch. Die KFV stellte alleine 8 Spieler ab für die deutsche Nationalmannschaft und natürlich waren Fuchs und Hirsch auch dabei.

Der Karlsruher Fußball Verein war damals nicht irgendein Verein, sondern gehörte im Jahre 1900 zu den Gründungsmitgliedern des DFB und war das Bayern München der damaligen Zeit.

Vor dem ersten Weltkrieg gewinnt die KFV eine deutsche Meisterschaft nach dem anderen, bis dann die Krisenjahre kommen. Da holte man von der Insel den Trainer William Townley, der die neue Mannschaft formen sollte.

Er baute die Mannschaft komplett um und baute die beiden jungen Spieler Julius Hirsch und Gottfried Fuchs in die Mannschaft ein. Ab da wurde das damals revolutionäre schottische Flachpassspiel gespielt bei KFV.

Julius Hirsch wurden von allen „Juller“ genannt. 1892 in Achern im Schwarzwald geboren, gehörte er einer Familie an, die vom deutsch-nationalem Bürgertum geprägt war. 1902, also mit 10 Jahren trat er beim KFV ein und wurde mit 17 Jahren in die erste Mannschaft geholt.

Sein späterer Freund und Teamgefährte Gottfried Fuchs wurde 1889 in Karlsruhe geboren.

Fuchs und Hirsch waren jüdisch. Hirsch war der erste jüdische Nationalspieler Deutschlands.

Hirsch, Fuchs und Fritz Förderer, der nichtjüdisch war, bildeten den Sturm des KFV und waren in den Jahren kaum zu stoppen.

1912 beim Spiel gegen die Niederlande haben ‚Juller‘ (4) und Fuchs (1) gar alle Tore für Deutschland geschossen. Im selben Jahr geht Fuchs mit seinen 10 Toren gegen Russland bei den olympischen Spielen in Stockholm in die Fußballgeschichte ein.

Hirsch und Fuchs dienten im ersten Weltkrieg als Frontsoldaten und wurden mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Hirsch spielte danach bis 1925 bei Fürth und Fuchs bis 1920 bei Düsseldorfer SC Fußball.

Hirsch heiratete im selben Jahr die Nichtjüdin Ella Karolina. Die beiden bekamen zwei Kinder. Zu dieser Zeit arbeitete ‚Jeller‘ in der Holzfirma seines Vaters. Als die Firma in Konkurs ging, wurde er arbeitslos. Mittlerweile waren die Nationalsozialisten an der Macht. Die ‚Nürnberger Rassengesetze‘ brachten es mit sich, dass Hirsch als Jude verfolgt wurde. Im Jahr 1933 wurden alle jüdischen Mitglieder aus allen Sportvereinen in Deutschland ausgeschlossen. ‚Jeller‘ musste aus dem Verein seines Herzens, der KFV, austreten. Auch im deutschen Fußball waren Juden nicht mehr zugelassen.

Die Verfolgung der Nazis und die Existenzängste setzen ‚Juller‘ hart zu, dass er 1938 auf einem fahrenden Zug springt und sich das Leben zu nehmen versucht. Während der Pogromnacht hält er sich in einer Psychiatrie auf. Um seine Frau und die beiden Kinder zu schützen, lässt er sich von seiner Frau scheiden. Mit dem Gelben Stern auf der Brust musste der ehemalige deutsche Fußballnationalspieler, der sich jetzt außerdem Julius Israel Hirsch nennen musste, auf einer Baustelle Schwerstarbeit verrichten. In dieser Zeit soll er mit Hilfe eines alten Ordners, verbotenerweise einige Spiele des KFV besucht haben. Als 1943 Hirsch sich für den Arbeitstransport am Bahnhof einfinden sollte, wollte ihm der Lokführer, der ihn aus seinen alten Fußballertagen kannte, zur Flucht verhelfen. Als kaisertreuer deutscher Jude konnte er sich nicht vorstellen, dass er in Gefahr war und lehnte ab.

Am 1. März 1943 dann wird er mit elf anderen Juden von Karlsruhe nach Auschwitz deportiert. Danach hört man nichts mehr von ihm.

Fuchs kam mit dem Leben davon. Er heiratete eine Warschauer Architektin, war lange Jahre im Holzbetrieb der Familie beschäftigt. 1937 emigrierte die Familie in die Schweiz. Dort durften sie nicht bleiben und zogen nach Frankreich. Die Vorfahren von Fuchs stammten aus Frankreich.

Nur mit dem Ausbruch des Krieges wird er als ‚Deutscher Feind‘ angesehen. Sie schaffen in letzter Minute ein Visum für Nordamerika zu bekommen und wandern aus. Dort lebt er als Godfrey Fox weiter.

Nach dem Krieg dauert es langte bis das Vermächtnis von Hirsch und Fuchs an die Öffentlichkeit gelangt.

Seitdem ehrt man die beiden Sportsleute, die eigentlich Deutsche waren, aber nur wegen ihrem Glauben vom Deutschsein ausgemustert wurden.

Ich höre ‚Juller‘ und Fuchs sagen:„Was nützt die ganze Ehr nach dem Tod, wenn ich nicht leben konnte, wie ich wollte.“

Da dieser Tage Fußball und die Nationalitäten so in allermunde sind, wollte ich an die beiden erinnern. Die Parallelen könnt ihr ziehen und nachdenken darüber, ob es das alles Wert ist, was einige als so Vordergründig betrachten, sich und anderen das Leben schwermachen.

Leben und leben lassen, wo ist das Problem?

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