Faschistisches Gedankengut und dessen Verbreitung, ein Menschenrecht?

Es gibt einen Beitrag von Emrah Erken. Heute hat er sich dazu geäußert, wie Amnesty International Erdoğans Dschihad verharmloste und faschistisches Gedankengut und dessen Verbreitung als ein Menschenrecht ansah.

MOSCHEEN ALS KASERNEN, KUPPELN ALS HELME UND MINARETTE ALS BAJONETTE – WIE AMNESTY INTERNATIONAL ERDOĞANS DSCHIHAD VERHARMLOSTE

Am 7. Juli 2017 hat Amnesty International über Twitter eine öffentliche Videobotschaft an die Adresse des türkischen Diktators Recep Tayyip Erdoğan gerichtet, dies nachdem einige ihrer Mitarbeitenden von der AKP-Bande wegen haltlosen Terrorvorwürfen verhaftet und als politische Geiseln festgehalten wurden. Der Tweet selbst lautete wie folgt: „In 1998 we campaigned for release of a prisoner of conscience @RT_Erdogan. Now we’re asking him to release our staff (…)„.


@amnesty
In 1998 we campaigned for release of a prisoner of conscience @RT_Erdogan. Now we’re asking him to release our staff http://amn.st/60138UIxc


Oder auf Deutsch: „Im Jahr 1998 haben wir eine Kampagne für die Freilassung eines politischen Gefangenen (wörtlich: Gefangenen aus Gewissensgründen) geführt. Nun ersuchen wir ihn, unser Personal freizulassen.“ Amnesty Internationals Videobotschaft an Erdoğan im Tweet fing mit den folgenden Worten an: „Präsident Erdoğan, erinnern Sie sich an das Jahr 1998? Wir erinnern uns! Damals, als Sie Bürgermeister von Istanbul waren, hat Amnesty eine Kampagne für Ihre Freilassung geführt, um Ihr Recht zu verteidigen, aus diesem Gedicht zu rezitieren: „Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Kuppeln unsere Helme und die Minarette unsere Bajonette und die Gläubigen unsere Soldaten“ (…)“

In der Tat war der damalige Oberbürgermeister von Istanbul am 21. April 1998 von einem Gericht in Diyarbakır wegen „Aufstachelung der Bevölkerung zu Hass und Feindschaft unter Hinweis auf Unterschiede der Religion und Rasse“ zu zehn Monaten Gefängnis und zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Aufgrund dieser Verurteilung war es ihm einstweilen nicht mehr möglich, sich zum Parlamentsabgeordneten wählen zu lassen oder eine politische Partei zu gründen.

Der Vorfall, für den Erdoğan verurteilt worden war, ging auf eine politische Veranstaltung in Siirt im Jahr 1997 zurück. Dort hatte Erdoğan ein Gedicht mit dem Titel „Askerin duası“ (Das Soldatengebet) rezitiert, das er bei seiner Verteidigung im späteren Prozess dem bekannten türkischen Dichter, politischen Aktivisten und Soziologen Ziya Gökalp zuordnete. Erdoğans Angabe, wonach dieses Gedicht und damit auch dieses bekannt gewordene Zitat mit den Gleichnissen von Ziya Gökalp stammten, traf allerdings nicht zu. Es existiert zwar ein Gedicht von Ziya Gökalp mit dem Titel „Askerin duası“. Auch sind in Erdoğans Version einzelne Teile des Gökalp-Gedichts durchaus enthalten. Das Gedicht, das von Erdoğan in Siirt im Jahr 1997 rezitiert worden war, war jedoch eine neuere, angereicherte Version, die im Dunstkreis von türkischen Nationalislamisten vermutlich in den Neunzigerjahren entstanden war. Im Originalgedicht von Gökalp sind jedenfalls diese militanten Gleichnisse, die auch hier im Westen bekannt wurden, nicht enthalten.

Nachfolgend habe ich diese neue Version des Gedichts, das von türkischen Nationalislamisten immer noch sehr gerne rezitiert wird, vollständig übersetzt. Bevor ich diese Übersetzung wiedergebe, möchte ich nochmals daran erinnern, dass Amnesty International Erdoğan, der für das öffentliche Rezitieren dieses Gedichts anlässlich einer politischen Veranstaltung verurteilt worden war, für einen politischen Gefangenen (prisoner of conscience, was auch so viel heißt wie ein Gefangener aus Gewissensgründen) hielt und für diesen eine Kampagne organisierte, damit dieser freigelassen wurde. In der Videobotschaft betont Amnesty International, dass sie damit Erdoğans Recht verteidigt habe, ein solches Gedicht öffentlich zu rezitieren und hat damit klar gemacht, dass sie immer noch hinter dieser Aktion steht. Schauen wir uns doch an, was Amnesty International unter Heranziehung der Menschenrechte immer noch schützen würde und meint, man habe ein Recht darauf, solches Gedankengut zu verbreiten:

Soldatengebet

In meiner Hand das Gewehr, in meiner Seele der Glaube (an Allah),
Ich habe zwei Wünsche: Religion und Vaterland,
Meine Feuerstelle (gemeint ist mein Zuhause) ist die Armee,
Mein Grosser (mein Führer resp. Oberhaupt) ist der Sultan.
Hilf dem Sultan, oh Allmächtiger!
Vermehre sein Leben, oh Allmächtiger!

Die Minarette sind (unsere) Bajonette, die Kuppeln (unsere) Helme,
Die Moscheen unsere Kasernen, die Gläubigen (unsere) Soldaten,
Diese heilige Armee wacht über meine Religion.
Allahu Akbar, Allahu Akbar (Gott ist am grössten)!

Unser Weg ist der heilige islamische Krieg zwecks Verbreitung der Religion,
Unser Ende ist das Martyrium;
Unsere Religion verlangt Aufrichtigkeit und Dienst an der Allgemeinheit,
Unsere Mutter ist das Vaterland (auf Türkisch sagt man nicht Vaterland sondern „Mutterland“),
Unser Vater die Nation;
Lass das Vaterland blühen, oh Allmächtiger!
Lass die Nation sich freuen, oh Allmächtiger!

Deine Flagge ist der Glaube an die Existenz Gottes und deine Fahne das Sichelmond,
Die eine ist grün und die andere rot,
Zeige dich gegenüber dem Islam mit Mitleid und räche dich am Feind.
Mache, dass der Islam bis in die Unendlichkeit existiert, oh Allmächtiger!
Vernichte die Feinde, oh Allmächtiger!

Auf dem Schlachtfeld sind so manche tapfere junge Männer für die Religion und für die Heimat zu Märtyrern geworden;
Aus ihrer Feuerstelle (aus ihrem Zuhause) soll Rauch kommen (d.h. ihre Häuser sollen bewohnt sein),
Die Hoffnung soll nicht erlöschen!
Mache den Märtyrer nicht traurig, oh Allmächtiger!
Mache sein Geschlecht (seine Nachkommenschaft) nicht schwach, oh Allmächtiger!“

Nach dem Gesagten können wir also festhalten, dass Amnesty International es als ein Menschenrecht ansieht, öffentlich den Dschihad zu propagieren, für das osmanische Sultanat und damit gegen die Republik und parlamentarische Demokratie einzustehen, implizit das Kalifat zu fordern, den Glaubenskrieg zwecks Verbreitung des Islam zu verlangen und das Martyrium für all diese Dinge zu verherrlichen. Mit anderen Worten sollen die Menschenrechte, ein Ausfluss der Aufklärung, des Humanismus und des Rationalismus und Teile des materiellen Rechtsstaates nach Ansicht von Amnesty International im Dienste des Dschihad, Kriegsverherrlichung und der Schariaverwirklichung stehen. Ich muss sagen, dass ich diesbezüglich ganz entschieden eine andere Auffassung als Amnesty International vertrete. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit kann wie die anderen Grundrechte auch eingeschränkt werden, sofern die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ich wüsste nicht, auf welches unbedingte Recht sich Amnesty hier beziehen will. Ein solches Recht existiert jedenfalls nicht!

Nachdem klar ist, dass Amnesty International offensichtlich einen überaus sorgenfreien Umgang mit dem Dschihadismus und Nationalislamismus hat und das öffentliche Einstehen für diese Dinge sowie deren Verherrlichung mit Menschenrechten schützen will, möchte ich Amnesty International und den Mitgliedern dieser Organisation, zu denen ich mich auch einmal zählen durfte, etwas schenken. Es ist ein YouTube-Video mit drei Kindern, das vor einigen Tagen entstanden ist und im aktuellen Zusammenhang mit dem Dschihad Erdoğans in Afrin steht. Das kleine Mädchen rezitiert genau dieses Dschihadverrlichungsgedicht im Türkischen Parlament, das Amnesty International mit den Menschenrechten schützen wollte und – so wie es aussieht – immer noch würde.

Vielleicht erkennen Amnesty Mitglieder beim Betrachten dieses Videos, was dabei herauskommt, wenn man faschistisches Gedankengut und dessen Verbreitung als ein Menschenrecht ansieht. Jedenfalls dient man damit keineswegs den Menschenrechten.

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