Spar-Gendefekt oder Nix-Da-Effekt ?

Die Türken sparen nicht. Die ersten 10 Jahre der AKP Regierung wurde die Wirtschaft von einer stetigen Wachstum begleitet, was eigentlich einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse nahelegen würde.

Ganz im Gegenteil, die Sparquote in diesem Zeitraum ist dramatisch gesunken. Lag die Quote noch in den neunziger Jahren bei durchschnittlich 23,5% des Bruttosozialprodukts, sank der Wert zwischen 2000 und 2008 auf 17% und betrug im Jahr 2010 nur noch 12,7%, der tiefste Stand seit 1980.

Zu erklären ist diese Entwicklung ausschließlich mit dem starken Rückgang der privaten Ersparnisse, zumal der Staat seine Rücklagen in diesem Zeitraum erhöht hat.

26 Millionen erwachsene besitzen kein Bankkonto. Dafür gibt es aber 60 Mio. Kreditkarten, die im ständigen Einsatz sind. Die türkische Wirtschaft kann man mit Zahlen schlecht in den Griff bekommen. Das Bild bleibt immer schief.

Laut einer Umfrage der Avivasa-Versicherungen gaben 46% der Türken an wegen zu hoher Schulden nicht sparen zu können. 16% hätten Verlustängste, das Ersparte zu verlieren, 13% gaben an kein Geld zu haben und 7% fanden die Zinserträge zu niedrig.

Bei unerwarteten Tiefschlägen gehen die Türken damit am besten um und bauen weniger Stress auf als andere Nationalitäten. “Bana bir sey olmaz” (Mir wird schon nichts passieren), eines der meistbenutzten Sätze aus dem Munde der Türken, scheint also weiterhin Bestand zu haben.

38% der Türken in der Türkei haben noch nie gespart.

Da stellt man zwangsläufig die Frage, ob dieses ein Spar-Gendefekt oder Nix-Da-Effekt ist.

Das Einkommen der türkischen Rentner ist 38% niedriger als das was sie im Arbeitsleben verdienten. Das muss aber Erstaunen auslösen, wie die Menschen über die Runden kommen, wo sie doch im Arbeitsleben mit dem Lohn nicht auskamen.

Ich glaube, dass mit dem Sparen dennoch ein Gendefekt ist. Klar, es ist außerdem nichts da, was man sparen könnte, aber gehen wir von einem anderen Beispiel aus.

Der Energieverbrauch. Lichter in allen Zimmern anlassen, heizen bis die Bude brennt (die meisten Wohnungen werden im Winter bis 30 Grad hochgeheizt) oder Teekochen.

Ja, beim Teekochen braucht man Gas ohne Ende. Zuerst muss das Wasser heiß werden, dann das heize Wasser aufs Tee aufgießen, dann unten nochmal Kaltwasser auffüllen und dann nochmal heizen, bis der Tee gezogen hat und gut ist. Damit nicht genug, der Abend ist noch lang.

Türkei hat die teuersten Benzinpreise weltweit. Egal ob die Preise auf den Weltmärkten sinken, hier steigen sie ständig. Auch der Verbrauch steigt. Es ist noch nie vorgekommen, dass der hohe Benzinpreis den Türken zum weniger Autofahren veranlasst hat.

Ich bleibe dabei, dass es ein Spar-Gendefekt ist. Mit einer Besonderheit. Die Deutschtürken z.B. sparen. Die Gene mutieren und bekommen einen deutschen Touch. Aber nur ein wenig.

Wie die deutschen Banker zu berichten wissen, sparen die Türken z.B. nicht um den Traum von Eigenheim zu verwirklichen. Sie lassen es zu 100% finanzieren und bezahlen es dann ab. Es ist auch sicherer, wenn man es schon mal hat. Anders herum würde es wahrscheinlich nicht funktionieren.

Ich habe auch etwas anderes festgestellt. Oddset und Fußballwetten im Allgemeinen haben die türkischen Familien in Deutschland unglücklicher gemacht. Die meisten Ersparnisse haben sich in Luft aufgelöst. Wenn heute einige ihre Lebensplanungen ändern mussten und nicht mehr in die Türkei gezogen sind, so liegt das daran, dass die falsche Mannschaft die Tore schoss.

Die Sonnenenergie. Der Türke staunt selber und schimpft, warum die Türkei nicht ausschließlich auf die Sonnen- bzw. Windenergie baut. Auch hier spielt dieser Spar-Gendefekt die Hauptrolle.

Wer die o.g. Energieerzeugeranlagen verkaufen möchte, kommt nicht drum rum zu sagen, dass man so und so viel Geld einsparen kann, wenn…

Schon ist das Wort „Sparen“ gefallen. Wenn man, um sparen zu können, im Vorfeld investieren muss, dann vergessen wir das besser.

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