Türkei und Jupp Derwall – Wie er den türkischen Fußball weit nach Vorne brachte

juppWenn dieser Tage Galatasaray nach einem Trainer sucht und sagt, ein Deutscher sollte er sein, dann hat das seinen guten Grund. Der ehemalige Gala Trainer Jupp Derwall ist unvergessen. Hier ein schöner Artikel über ihn :

“Die Türkei ist für mich wie eine zweite Heimat”, sagte der ehemalige Bundestrainer Jupp Derwall, der heute vor sieben Jahren verstarb, über seine erfolgreiche Zeit bei Galatasaray AŞ. Auf dem Papier stechen seine Errungenschaften vielleicht nicht sonderlich heraus – er gewann 1984/85 den türkischen Pokal und holte mit dem Klub 1986/87 nach 14 Jahren erstmals wieder die Meisterschaft, doch führte er viele moderne Methoden ein, von denen der türkische Fußball enorm profitieren sollte. Auch der aktuelle türkische Nationaltrainer Fatih Terim, einst Spieler unter Derwall, hat immer betont, wie viel er dem Deutschen zu verdanken hat.

Nach dem Sieg mit der BRD bei der UEFA-Europameisterschaft 1980, einem zweiten Platz bei der FIFA-WM 1982 und der Halbfinalniederlage gegen Spanien bei der EURO 1984, trat Derwall als Bundestrainer zurück. Viele Bundesligaklubs hätten Derwall damals gerne verpflichtet, doch überraschenderweise nahm er stattdessen das Jobangebot von Galatasaray an. “Wir haben unseren Ohren nicht getraut, als wir davon gehört haben”, erinnert sich İsmail Demiriz, Derwalls damaliger Rechtsverteidiger bei Galatasaray. “Allein seine Anwesenheit hat das Selbstvertrauen von allen Spielern enorm gestärkt.”

“Ich sehe mich nicht als Abenteurer”, sagte Derwall damals. “Ich bin eher ein Bergsteiger, der auf einen Achttausender klettern will. Es ist eine Herausforderung, aber die Aufgabe ist reizvoll und machbar.”

Dabei hatte er anfangs eine Menge Zweifel, weil die Trainingsbedingungen in der Türkei ganz und gar nicht seinen Anforderungen entsprachen. “Es war eine Katastrophe. Der Trainingsplatz war eine Mischung aus Matsch und Erde, wo eigentlich Gras hätte wachsen sollen. Die Spieler haben sich ständig weh getan, wenn sie zu Boden gegangen sind. So konnte ich gar nicht die einfachsten Fußballübungen trainieren lassen.”

©Getty Images ‘Derwall hatte stets viel Respekt für seine Spieler, den Gegner und die Fans’

Also machte Derwall den Bau eines Rasenplatzes zur Voraussetzung für sein weiteres Engagement beim Verein. Dies zog sich zwar eine Weile hin, doch Derwall holte aus den vorhandenen Möglichkeiten alles heraus und gewann mit Galatasaray gleich in seiner ersten Saison den türkischen Pokal. Cüneyt Tanman, Kapitän des Vereins von 1985 bis 1991, erinnert sich, wie das Niveau mit Inbetriebnahme des Rasenplatzes im Jahr darauf rasant anstieg.

“Mit Derwall hat unsere Mannschaft einen großen Sprung nach vorne gemacht. Wir sind auch ins Trainingslager gefahren, hauptsächlich in Deutschland. Dort sind wir immer herzlich empfangen worden, natürlich weil Derwall unser Trainer war.”

In der Saison 1985/86 blieb Galatasaray zwar ungeschlagen, musste sich im Titelrennen aber aufgrund des schlechteren Torverhältnisses Beşiktaş JK beugen. Erst im Jahr danach zahlten sich Derwalls Maßnahmen – Galatasaray spielte als erste türkische Mannschaft mit aggressivem Pressing und Raumverteidigung – richtig aus. Der Verein spazierte förmlich zur Meisterschaft und auch im Jahr danach, als Denizli das Traineramt übernommen hatte, war Galatasaray nicht zu stoppen. Derwall arbeitete fortan als technischer Berater und übernahm auch für den Türkischen Fußballverband (TFF) eine ähnliche Rolle, ehe ihn gesundheitliche Probleme im Jahr 1991 zurück nach Deutschland führten.

Doch da hatte er seine Mission längst erledigt. Galatasaray hatte sich auch auf der europäischen Bühne etabliert und viele türkische Klubs übernahmen die Ideen und Maßnahmen Derwalls, so dass überall im Land modernere Fußballeinrichtungen entstanden. “Derwall hat versucht, die türkische Kultur anzunehmen und wollte so sein wie wir”, erinnert sich Demiriz. “Er hat beim gemeinsamen Essen immer viel mit den Spielern geredet. Er hatte mit Mustafa Denizli und Ahmet Akcan gute Assistenten, die Deutsch sprechen konnten, was für ihn sehr wichtig war.

“Derwall hat die Spieler, den Gegner und die Fans immer sehr respektiert”, fügt Tanman hinzu. “Wegen seiner Einstellung, seiner grauen Haare und seiner väterlichen Fürsorge wurde er nicht nur bei Galatasaray, sondern von der ganzen Türkei geliebt.”

Dies beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit. “Ich fühle mich schon fast wie ein Türke”, sagte Derwall, dem für seinen Beitrag für die deutsch-türkischen Beziehungen 1989 die Ehrendoktorwürde der Universität Ankara verliehen wurde. “Die Türkei ist für mich wie ein zweites Zuhause.”

Quelle : uefa.com

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