Strategisches Geheimnis von Verbund – EnerjiSA Anteile gegen Wasserkraftwerke von E.ON

Wien – Der Deal hatte sich seit Wochen angebahnt, am Montagabend wurde der Sack zugemacht. Verbund steigt aus seinem 2007 gegründeten türkischen Joint Venture Enerjisa aus. Für seinen Hälfteanteil bekommt der halbstaatliche Versorger im Wege eines Asset-Swaps jeweils 50 Prozent an acht Wasserkraftwerken in Österreich und Bayern, die Verbund bisher gemeinsam mit Eon betrieben hat. Nach Standard-Informationen sind dies Kraftwerke an Donau und Inn.
Es sind dies:
– Jochenstein an der Donau;
– Passau-Ingling am Inn;
– Schärding-Neuhaus im Innviertel in Oberösterreich;
– Egglfing/Obernberg in Bayern;
– Ering/Frauenstein in Bayern;
– Braunau-Simbach im Innviertel,
– Nussdorf in Bayern, sowie
– Oberaudorf-Ebbs im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet.
Erst im Werden sind die Projekte Freilassinger Becken, Tittmoninger Becken und Energiespeicher Riedl. Sie sollen einmal rund 330 Megawatt (MW) auf die Waage bringen, sind aber erst in Vorbereitung. Für den Energiespeicher Riedl mit 300 MW – das einzige Pumpspeicherwerk unter den Neuzugängen – läuft derzeit die Umweltprüfung.
Zwei Milliarden Kilowattstunden mehr
Insgesamt kauft sich Verbund mit dem Asset-Deal eine Leistung von zwei Mrd. Kilowattstunden Wasserkraft pro Jahr. Insgesamt produzieren die acht Kraftwerke rund vier Mrd. kWh Leistung. Allein die zugekauften Anlagenteile der Werke Ering, Egglfing und Nussdorf bringen es auf fast 600 Millionen kWh, weitere 990 kWh kommen aus der Hälfte der Österreich-Bayerischen Kraftwerke AG. Der Rest kommt von der Donaukraftwerk Jochenstein AG.
Im unbaren Enerjisa-Tauschgeschäft mit Eon inkludiert sind die Bezugsrechte der Eon am Speicherkraftwerk Zemm/Ziller. Diese 20,28 Prozent Bezugsrechte waren 2009 Teil des Kaufpreises, den Verbund für die 13 Innkraftwerke gezahlt hat. Damals war mit Eon ein Strombezugsrecht von knapp 34 Prozent vereinbart worden.
Ob Verbund für diese Wasserkraftaufrüstung einen Verlust in Kauf nimmt, bleibt sein Geheimnis. Der Konzern nahm dazu auch am Montag nicht Stellung.
Buchgewinn ist dem Verbund sicher
Laut Standard-Recherchen wurde der Enerjisa-Anteil im Zuge der Trennung mit 1,5 Milliarden Euro bewertet. In Unternehmenskreisen wird betont, die Zukäufe in der Wasserkraft seien “deutlich mehr wert” als die kolportierten 800 Millionen Euro. Letzteres sei “deutlich zu niedrig”, um “mindestens ein Drittel”, wie es heißt, man habe mit dem Verkauf an Eon einen “deutlichen Wertzuwachs” aus dem Türkei-Geschäft realisiert.
Wie auch immer die Rechnung ausfällt: Ein Buchgewinn ist dem Verbund sicher, denn Enerjisa mit ihren Verteilnetzen, Wasser- und Windkraftwerken steht in der Verbund-Bilanz mit 742,7 Millionen Euro. Auch “erspare” man sich fast eine halbe Milliarde Euro an Investitionen in der Türkei, die bis 2016 mit dem zuletzt deutlich verstimmten Partner Sabanci Group vereinbart waren. Die Bayern-Kraftwerke hingegen seien “in ausgezeichnetem Zustand”, bräuchten keine Investitionen, wie versichert wird.
Abrupte Abkehr
Ein strategisches Geheimnis bleibt, warum Verbund in der Türkei nach bald zwei Drittel des Weges umkehrt. Der Energiehunger am Bosporus ist endlos und bis auf 2011, wo die Türkische Lira ein negatives Beteiligungsergebnis von 47 Millionen Euro verursachte, kamen aus Istanbul Rückflüsse; 2012 waren es 36 Millionen Euro.
Stichwort Verkauf: Seine Beteiligung an der steirischen Steweag-Steg tauscht Verbund gegen deren Anteil an ATP und kassiert dafür von Estag 250 Millionen Euro (Hier finden Sie einen detallierten Bericht). (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 4.12.2012)
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