Die Türkei hat einen harten Nuss zu knacken.

Die Türkei ist der größte Haselnussproduzent der Welt. 3/4 der Weltproduktion kommt aus der Türkei. Wie aus dem Bericht unten zu lesen ist, scheinen aber die Schokoladenproduzenten eher scharf  auf die anderen 1/4 zu sein.
Kinderarbeit vermiest das Geschäft mit den Haselnüssen. Solche Negativschlagzeilen kann die türkische Wirtschaft nicht gebrauchen. Im Ganzen betrachtet, hat man die Kinderarbeit weitesgehend unter Kontrolle. Nur in den ländlichen Regionen wird es gedulded und auch übersehen.
Das im Text unten auch die kurdischen Arbeiter als unterdrückte Minderheit reingerutscht sind, kann man eher als ein ‘Muss’ in der europ. Berichterstattung sehen. Benachteiligt werden grundsätzlich alle. Es geht selten gerecht zu, besonders auf der Mindestlohnebene. Ich kann die türkischen Nussanbauer genauso wenig verstehen, wie auch die sonstigen Arbeitgeber. Ohne Papiere arbeitenlassen, weniger Gehalt angeben als reel bezahlt, alle 2-3 Monate Gehalt bezahlen, wenn überhaupt, Probezeiten ohne Bezahlung vereinbaren … Sind bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen zumeist Gang und Gäbe.
Dabei könnten sich die Nussproduzenten am ehesten leisten, korrekt zu arbeiten. Warum ? In einem Markt, wo sie die Weltmarktführerschaft haben, können sie eher Akzente setzen bzw. sich leisten z.B. auf Kinderarbeit zu verzichten und dafür einige Cent mehr vom Abnehmer zu verlangen.
Seit über 25 Jahren bin ich für die Schweizer tätig. Es ist immer ein Genuss zu sehen, wie genau sie auf so etwas achten. Die Schweizer sind auch am ehesten bereit für die Umwelt, Korrektheit und Fairness einen Extra-Bonus zu bezahlen.  Hier der Artikel :
Haselnuss-Schokolade ist nicht sauber
von Alex Hämmerli – Die Schweizer Schoggi-Industrie bezieht tonnenweise Haselnüsse aus der Türkei – und unterstützt damit die Kinderarbeit. Der Kampf gegen die Missstände ist schwierig.
Die Türkei ist der mit Abstand grösste Haselnussproduzent der Welt. Rund drei Viertel der globalen Produktion kommt von dort. Entsprechend wichtig ist die Anbauregion für die Schweizer Schokoladen-Hersteller: Sie importieren jährlich zehntausende Tonnen Haselnüsse, um daraus Giandujafüllungen oder Nussschokolade zu machen.
Die Herkunft der Haselnüsse wird aber immer mehr zum Imageproblem, denn die Ernte findet zum Teil unter widrigsten Bedingungen statt. Hungerlöhne und desolate Arbeitsverhältnisse sind an der Tagesordnung. «Ich habe Missstände bei den Erntearbeiten von Haselnüssen in der Türkei gesehen», bestätigt Franz U. Schmid, Direktor der Branchenorganisation Chocosuisse der «Handelszeitung». Es gehe vor allem um Kinderarbeit, schlechte Bezahlung und die Diskriminierung von kurdischen Wanderarbeitern. Ähnlich klingt es bei den Produzenten, etwa bei Barry Callebaut, dem grössten Schokoladehersteller der Welt mit Sitz in Zürich: «Das Thema der Kinderarbeit auf Haselnussplantagen ist in der Industrie bekannt», so Sprecher Raphael Wermuth zu 20 Minuten Online. Eine Nestlé-Studie zeigt auf, dass die Arbeit von 12-Jährigen in Teilen der Türkei nicht als Kinderarbeit aufgenommen wird. «Wenn Knaben gross genug sind, um die Sträucher zu erreichen […] könnten sie auch arbeiten», steht im Bericht.
Keine Einzelfälle
Im September und Oktober besuchten wichtige Schweizer Fabrikanten unabhängig voneinander die Ernteorte. Lindt & Sprüngli, Migros-Tochter Chocolat Frey, die den Haselnuss-Einkauf für die gesamte Migros-Industrie orchestriert, und Ragusa-Erfinder Camille Bloch – sie alle inspizierten die Produktionsbedingungen.
«Lindt & Sprüngli ist sich der Probleme der Wanderarbeiter und deren Familien, darunter auch Kinder, bei der Haselnussernte in der Türkei bewusst und nimmt diese auch ernst», sagt Sprecherin Sylvia Kälin zu 20 Minuten Online. Die direkte Verantwortung für die Missstände mag man selbst aber nicht übernehmen: Die Haselnussbrechereien und Lieferanten seien für die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften zuständig. Immerhin: Werde der unternehmenseigene Verhaltenskodex nicht eingehalten, führe dies zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen. Die Lieferanten würden regelmässig sogenannten Audits unterzogen.
Rückverfolgbarkeit ist fast unmöglich
Chocosuisse-Direktor Schmid ist nun daran zu evaluieren, welche Aktionen die Schweizer Schokoladenindustrie zur Verbesserung der Verhältnisse vorantreiben kann. Alle Akteure müssten zusammen zu einem Dialog finden. Lösungsansätze sieht er neben der Durchsetzung der bestehenden Gesetze vor allem in der Rückverfolgbarkeit der Haselnüsse. Das dürfte sich allerdings als schwierig erweisen: «Eine direkte Rückverfolgbarkeit zum einzelnen Produzenten ist aufgrund der kleinbäuerlichen Struktur leider nicht möglich», gibt Raphael Wermuth von Barry Callebaut zu bedenken. «Dass es meistens Wanderarbeiter sind, welche die Haselnüsse ernten, kommt hier erschwerend hinzu, weil die Betroffenen kaum oder nur punktuell erreicht werden können», fügt Fabienne Dahinden, Sprecherin von Chocolat Frey, hinzu. Auch bei Lindt & Sprüngli klagt man über die «komplexe Situation», die leider keine vollumfängliche Transparenz der Lieferkette zulasse. Man habe aber verschiedene Pilotprojekte gestartet, um die Rückverfolgbarkeit der Haselnüsse zumindest in einzelnen Gärten zu gewährleisten, sagt Kälin.
Konsequent will man dagegen bei Nestlé sein: «Wir sind davon überzeugt, dass in unserer Versorgungskette Kinderarbeit keinen Platz hat, und sind fest entschlossen, diese Praxis aus unserer Kakao- und Haselnussversorgung zu verbannen», sagt Sprecher Philippe Aeschlimann. «Wir haben uns verpflichtet, bis 2014 die gesamte Haselnussversorgung aus der Türkei über transparente und durch Dritte überprüfte Versorgungsketten zu beziehen.»
Dialog unter türkischer Führung
Auch auf europäischer Ebene laufen Arbeiten. «Wir sind an der Initiative des europäischen Süsswarenverbandes Caobisco, die auf die Etablierung eines breit angelegten Stakeholder-Dialogs unter der Führung der türkischen Regierung fokussiert, beteiligt und engagieren uns», sagt Schmid gegenüber der «Handelszeitung». Im Juli fand in Ankara eine Konferenz mit der Beteiligung von Regierung, Produzenten und Nichtregierungsorganisationen statt. Dabei wurde entschieden, eine Arbeitsgruppe mit allen Beteiligten zu etablieren. Diese soll laut dem türkischen Arbeitsministerium Anfang 2013 zum ersten Mal tagen.
FOTO : Balzer Matthias / www.pixelio.de
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