Auf Märchenreise durch die Türkei

Antakya.   Der Geschichtenerzähler Davut Oguzcan weiß viele Sagen und Legenden aus seiner türkischen Heimat. Er führt Urlauber zu vielen Naturschauplätzen und erzählt dort von den Geheimnissen dieser Orte.
Nicht nur in längst vergangenen Zeiten liebte man im Orient Märchen und Legenden. Das gilt auch heute noch. Davut Oguzcan ist so ein moderner Geschichtenerzähler, er macht die Vergangenheit lebendig. Zu Korikos, der im 12. Jahrhundert erbauten „Mädchenburg“, die vor dem kleinen Ferienort Kizkalesi im Meer liegt, serviert er eine anrührende türkische Dornröschen-Variante: Die Geschichte einer Prinzessin, die auf Wunsch des besorgten Vaters auf einer Burg im Meer leben musste, weil es dort keine giftigen Tiere gab. Und doch schlängelte sich eines Tages eine Natter in den vom Festland gelieferten Obstkorb, und es war um die schöne Königstochter geschehen.Einzigartig hingegen sind die Korykischen Grotten: Cennet und Cehennem – Himmel und Hölle. Begrünt und lieblich die erste. 128 Meter und mehrere hundert Stufen geht es hinab in die Tiefe aus kupferrotem Karbonatgestein zu einer Kapelle.

Wo 100 Schlangenköpfe Feuer spucken

Unten hört man das Rauschen eines Flusses. Die Hölle, zum Glück kleiner als der Himmel, ist düster, Angst einflößend und ohne Kletterausrüstung nicht zu erreichen. Die Grotten entstanden vor Millionen Jahren durch den Einsturz eines unterirdischen Höhlensystems. Doch viel anschaulicher ist wieder einmal Davuts Version: Typhon, der Vater des Höllenhundes Zerberus, war ein Ungeheuer mit hundert Feuer speienden Schlangenköpfen und wurde einst vom Göttervater Zeus in diesem düsteren Schlund gefangen gehalten.

Nur wenige Autominuten später kann man finstere Gedanken vergessen und in dem kleinen Badeort Narlikuyu an einer türkisfarbenen Bucht die Sonne genießen. In den einfachen Ausflugs-Restaurants schmeckt frischer Fisch zu Sütlü Pide, einem dünnen Fladenbrot und Salat, der statt mit Essig mit dunkelrotem Granatapfelsirup angemacht wird.

Antiochia war in der Antike ein zentraler Handelsplatz zwischen Asien und dem Mittelmeerraum, nach Rom und Alexandria die Metropole der damaligen Zeit und ein Schmelztiegel der Religionen und Kulturen. Heute heißt die Stadt Antakya, ist Hauptstadt der Provinz Hatay und eine wichtige Pilgerstätte für Christen. Denn hier entstand einst die erste christliche Gemeinde in einer Höhle am Stadtberg, wo der Apostel Petrus gepredigt haben soll.

Das moderne Antakya am Orontes-Fluss mit seiner gesichtslosen Architektur bietet sonst wenig Sehenswertes, außer dem Archäologischen Museum mit seiner beeindruckenden Sammlung an Mosaiken. Nachdem dieser entlegene Winkel im Südosten des Landes Jahre lang vernachlässigt wurde, spendiert die türkische Regierung inzwischen aber wieder Geld.

Immer wieder an diesem Küstenstreifen trifft man auf Spuren der Apostel. Paulus, der Wegbereiter des Christentums, wurde als Zeltmacher Saulus in dem kleinen Städtchen Tarsus geboren. Wo heute die heilsame Paulusquelle plätschert, soll sein Geburtshaus gewesen sein. In Tarsus soll auch Kleopatra Marc Anton verführt haben – nach seinem Sieg bei Philippi (42 v. Christi). An die schöne Ägypterin erinnert noch das Kleopatra-Tor aus römischer Zeit. Das antike Tarsus befindet sich fünf bis 20 Meter unter der Erde. 1993 wurde es zufällig beim Bau eines Geschäftshauses entdeckt. Die Straße war vermutlich fünf Kilometer lang, bislang sind nur ein paar Meter freigelegt.

Im nahe gelegenen Basarviertel, wo man Paulus-Reliquien aller Art erstehen kann, wird in kleinen Gläsern „Kaynar“ serviert: eine zuckersüße Tee-Spezialität aus Zimt und anderen Gewürzen, die mit gehackten Walnüssen veredelt wird.

So sehen Siegeraus – bis heute

Die 998 erbaute Sabanci-Moschee, mit sechs Minaretten die größte Moschee der Türkei, ist die Top-Attraktion im 40 Kilometer entfernten Adana. Von den größeren Städten Kilikiens ist allein die junge Provinzhauptstadt Mersin mit ihren 800 000 Einwohnern einen Besuch wert: Es gibt eine quirlige Innenstadt mit vielen Geschäften, wunderbaren Gewürzläden und eine zehn Kilometer lange Strandpromenade mit Palmen und Nachbildungen historischer Gebäude.

Ein beliebtes Souvenir aus Kilikien ist Lorbeerseife. Vor dem Kauf sollte man allerdings den Qualitätstest machen: Nur wenn sich die Seife wie Samt anfühlt, ist sie reich an Ölen und macht die Haut streichelzart, weiß Davut und hat zu der Geschichte der Lorbeerbäume natürlich ebenfalls eine Sage: Apollo hatte sich in Daphne verliebt, die ihn nicht erhörte. Er bat Zeus um Hilfe. Als Apollo Daphne das nächste Mal umarmen wollte, verwandelte sie sich in einen Baum, worauf Apollo sprach: „Siehst du, du entkommst mir nicht.“ Er flocht sich aus den Blättern einen Lorbeerkranz – und so tragen ihn Sieger bis heute.

Von MAGGIE RIEPLhttp://www.derwesten.de/reise/auf-maerchenreise-durch-die-tuerkei-id6716453.html

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