Handelsbeziehungen mit China werden ausgebaut – Erdogan in China

Stolz spricht Ankara schon von einer “strategischen Partnerschaft”: Der türkische Premier Erdogan reist am Samstag erstmals nach China. Er will die historische Rolle seines Landes im Handel mit Peking wiederbeleben – für die Volksrepublik eine Chance, auch innenpolitische Konflikte zu dämpfen.
Der türkische Ministerpräsident geht auf eine historische China-Reise. Das erste Mal in seiner zehnjährigen Amtszeit reist Recep Tayyip Erdogan, begleitet von den wichtigsten Vertretern der türkischen Geschäftswelt, ab Samstag für vier Tage durch das Reich der Mitte. War die neue türkische Außenpolitik bisher vor allem auf die engere Nachbarschaft im Süden und Osten des Landes konzentriert, kommt jetzt der Ferne Osten hinzu.
Es gehe um den Ausbau der Handelsbeziehungen, aber auch um eine engere Kooperation der beiden G-20-Staaten in globalen Fragen, sagt der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Jian Lu. Schon ist in Ankara stolz von einer neuen “strategischen Partnerschaft” die Rede. Wenn dort derzeit von den beiden Enden der Seidenstraße die Rede ist, geht es um China am einen und der Türkei am anderen.
Bisher haben hauptsächlich hochrangige chinesische Besucher am anderen Ende der historischen Handelsroute vorbeigeschaut. Im Oktober 2010 besuchte Premier Wen Jiabao Istanbul und Ankara, Anfang dieses Jahres folgte dann sein Kronprinz Xi Jinping. Dieser war es dann auch, der die konkrete Einladung für Erdogan überbrachte und den türkischen Ministerpräsidenten bat, auf einer in Peking stattfindenden großen Business-Konferenz als Hauptredner zu sprechen.
“In der Türkei wird zu teuer produziert”
China ist für die Türkei jetzt schon nach Deutschland und Russland der drittgrößte Handelspartner. Allerdings weist die Handelsbilanz ein enormes Ungleichgewicht aus. Während China Waren für 25 Milliarden Dollar in die Türkei verkaufte, waren es umgekehrt nur 622 Millionen Dollar, die Ankara mit seinen Exporten in den Osten verdiente.
“Wie wollen ja mehr Waren aus der Türkei einführen”, sagte der Direktor des chinesischen Handelsministeriums Wentao Liang türkischen Journalisten, “aber in der Türkei wird zu teuer produziert”. Ein Ausweg könnten Joint Ventures sein. Laut Wentao gibt es Überlegungen, zum Beispiel gemeinsam ein Auto für den afrikanischen Markt zu produzieren.
Darüber hinaus setzt die Türkei auf die Bereiche Kultur und Tourismus, für 2013 plant Ankara in China ein türkisches Kulturjahr. Ausstellungen, Theatervorführungen und osmanische Kunst sollen der chinesischen Bevölkerung die heutige Türkei näherbringen. Dadurch hoffen die Veranstalter, den Tourismus aus China anzukurbeln, der bisher noch bei bescheidenen 100.000 Besuchern pro Jahr liegt.
Peking hat bereits angekündigt, künftig stärker in der Türkei investieren zu wollen. China will der Regierung in Ankara ein Angebot für den Bau eines Atomkraftwerkes machen. Die Türkei könnte für China eine Drehscheibe für Zentralasien sein, so Wentao.
Uneins in der Syrien-Frage
Neben dem Ausbau des Handels geht es aber auch um eine engere direkte politische Zusammenarbeit der beiden aufstrebenden Staaten. Wichtigster Gesprächspunkt in Peking ist deshalb die Suche nach einer gemeinsamen Haltung in der Iran- und Syrien-Politik. Gegenüber Teheran setzen sowohl die Türkei wie auch China auf Dialog. Beide Regierungen sind gegen eine weitere Konfrontation im Streit um das iranische Atomprogramm und vor allem gegen den Einsatz militärischer Gewalt. Erdogan hat in den vergangen Jahren mehrfach das Recht Irans auf ein ziviles Atomprogramm bekräftigt – und damit die westlichen Verbündeten der Türkei vor den Kopf gestoßen.
Ganz anders sieht es dagegen in der Syrien-Frage aus: Während Peking das Assad-Regime tendenziell eher stützt, ist Erdogan davon überzeugt, dass mit Präsident Baschar al-Assad Frieden nicht mehr möglich ist. “Wir verstehen den abrupten Schwenk der Türkei gegenüber Syrien nicht”, sagte Guofu Li, Direktor des Chinesischen Instituts für internationale Studien, türkischen Reportern. “Wir glauben nicht, dass mit einem Abgang Assads die Probleme gelöst wären”. Sollte Erdogan in China seine Haltung in der Syrien-Frage aber überzeugend darlegen, wäre dies ein gutes Beispiel um zu zeigen, wie die Zusammenarbeit der beiden neuen Partner erhebliches Gewicht entfalten könnte.
Zu guter Letzt hofft die chinesische Führung offenbar, der türkische Ministerpräsident könne die hochfliegenden Erwartungen mancher Führer der uigurischen Minderheit im äußersten Westen der Volksrepublik dämpfen. Chinas englischsprachige Zeitung “Daily News” drückte die Erwartung aus, dass Erdogan “separatistische Kräfte” unter der turksprachigen, muslimischen Minderheit bremsen kann. Der Premier ist offenbar bereit, es zu versuchen: Sein China-Besuch beginnt am Samstag im Land der Uiguren.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,826209,00.html

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