Pro-Korb-Einkommen: Glaubst Du immer noch an Märchen?

Das Pro-Kopf-Einkommen der Türken war schon immer schwer zu durchschauen. Vor einigen Jahren hatte sich auch The Economist schwer vertan.

Zuerst war die Schlagzeile, dass das Pro-Kopf-Einkommen der Türken innerhalb von 10 Jahren sich verdreifacht hätte.

Schon am nächsten Tag kam die Berichtigung. The Economist war vom Nominalwert ausgegangen. Eigentlich betrug der Wachstum 43%.

Das Pro-Kopf-Einkommen war eigentlich nur in 5 Jahren um diesen Prozentsatz gewachsen. 2008 war Ende.

Wenn man von den Weltbankwerten ab 1960 ausgeht, wächst das Pro-Kopf-Einkommen der Türken in Zehnjahreszyklen immer jeweils um 45%, egal wer regiert.

Eigentlich lügt die Regierung nicht, wenn sie behauptet, das Pro-Kopf-Einkommen sei um das 3fache gestiegen. Nur verschweigt sie dezent, dass der Teufel im Detail steckt. Sie nennen das nominale Wachstum und nicht das reelle.

Die nominalen Zahlen sind in diesem Fall für die Ökonomen von (fast) völliger Bedeutungslosigkeit. Ja, eigentlich für alle, nur für die Politiker nicht. Das Nominale verkauft sich nämlich leichter.

Tante Jutta aus Kalkutta, oder Fatma Teyze aus der Türkei sind wie die Ökonomen drauf. Die schauen nicht, was für ein Wert auf den Geldschein gedruckt ist, sondern vielmehr interessieren sie sich dafür, was sie mit diesem Geldschein alles kaufen können.

Wenn z. B. Tante Jutta heute mit 20 Euro einkaufen geht und ihre Lebensmittel für die Woche einkaufen kann und im kommenden Jahr selbst mit 40 Euro nicht die Tüte vollbekommt, dann pfeift sie was auf das nominale Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens.

Rechnet man das reelle Pro-Kopf-Einkommen aus, muss man die Inflation ebenfalls mit in die Rechnung einfließen lassen.

Wenn also das Oberhaupt sagt, dass das Pro-Kopf-Einkommen der Türkei sich in den letzten Jahren verdreifacht hat, dann wisst ihr, er meint eigentlich 46%.

Überhaupt ist es falsch, wenn ein Land sich ständig an den eigenen Zahlen misst. Was bringt es, wenn ich mich als 1.500 m Läufer in der Weltrangliste vom 20. auf den 15. Platz verbessert habe, was in Zahlen ausgedrückt eine 20 Sekunden Verbesserung bedeutet, aber die in der Rangliste die Vorderen auf 40 Sekunden weg sind.

Im Fall der Türkei muss man sich immer mit den Ländern vergleichen, die weit vor der Türkei sind. „Seit 2016 liegen wir in …. vor Griechenland!“ ist eine nichtsagende Aussage. Was bringt es mir, dass ich denn Vorletzten überhole, wenn die anderen Länder in allem enteilt sind?

Wenn Ihr wissen wollt, wo die Türkei steht, müsst ihr als Vergleich Länder nehmen, die im Pro-Kopf-Einkommen der Türkei irgendwann mal ähnelten.

Gemerkt hatte ich mir die fünf aus einer Erfassung von Prof. Sirin aus New York.

Brasilien, Griechenland, Süd-Korea und Spanien hatten in den 60er Jahren, laut Weltbankzahlen, fast das identische Pro-Kopf-Einkommen wie die Türkei. Also der Vergleich steht und hinkt nicht.

1960 war die Türkei mit kleinem Abstand hinter Griechenland an zweiter Stelle. Nur ab 1970 fängt Griechenland an den Vorsprung zu vergrößern. Noch schlimmer ist, dass Spanien von hinten kommend die Türkei überholt. Gut, in den 80er Jahren kann die EU dazu beigetragen haben, dass Spanien die Türkei überholte, nur, Süd-Korea macht sich in den 80ern zu neuen wirtschaftlichen Ufern auf und überholt die Türkei ebenfalls. Brasilien mit 200 Millionen Einwohnern kommt, unter diesen 5 Ländern vom letzten Platz und überholt die Türkei, die in 1960 mit Griechenland an der Spitze war ebenfalls. 2012 ist die Türkei unter den fünf Ländern letzter.

Wenn Ihr jetzt fragt, wo die Türkei im weltweiten Rennen steht, dann kann ich euch das schnell sagen. In dem Umfang, wie die Weltwirtschaft durchschnittlich gewachsen ist, ist auch die Türkei gewachsen. Mit dem steigenden Wasser für alle, stieg auch auf die Türkei auf.

Schaut man aber auf die Abstände zu den OECD Ländern, so kann man feststellen, dass in den letzten 10 Jahren der Abstand zu Türkei immer größer wurde.

Wie kann man dagegenwirken? An die Märchen nur im Kindesalter glauben. Danach sollten harte und aussagefähige Zahlen eine Rolle spielen, damit man erwachsen wird und nicht mehr an Märchen glaubt.

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