Rettungsleine für Lira war nicht lang genug

Zum ersten Mal seit Januar 2014 hat die türkische Zentralbank den Schlüsselzinssatz erhöht. Sie setzte sich damit über die Warnungen von Staatspräsident Erdogan hinweg.

Die türkische Notenbank (TCMB) hat am Donnerstag überraschend den Zins für einwöchige Repo-Geschäfte von 7,5% auf 8% erhöht. Von 8,25% auf 8,5% angepasst wurde der Zinskorridor für Taggeld. In einem Communiqué verwies die TCMB auf Währungsschwankungen, welche ein Risiko für die Inflationsentwicklung darstellten.

Kurzzeitige Erholung

Seit dem gescheiterten Militärputsch vom Juli gleitet die türkische Lira von einem Allzeittief zum nächsten. Allein in den zweieinhalb Wochen seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten verlor die Landeswährung gegenüber dem Dollar 8% an Wert. Die Inflationsrate bewegt sich schon seit Jahren deutlich über der Zielmarke von 5% (Oktober 2016: 7,2%).

In Reaktion auf die erste Erhöhung des Schlüsselsatzes seit beinahe drei Jahren hat sich die Lira allerdings nur kurzzeitig erholt. Die am selben Tag verabschiedete Empfehlung des Europäischen Parlaments, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf Eis zu legen, brachte die Lira wieder auf Schlingerkurs. Der Resolution kommt zwar keine bindende Wirkung zu. Gleichwohl steigt dadurch die politische Unsicherheit.

Wettern gegen die «Hochzinspolitik»

Unter dem Vorsitz ihres neuen Gouverneurs, Murat Cetinkaya, lockerte die TCMB im vergangenen halben Jahr Monat für Monat die Zinsen. Einzig im Oktober blieb es bei einem Nullentscheid. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan verlangt derweil drastische Zinssenkungen, um die stotternde Konjunktur wieder in Schwung zu bringen.

Am Vorabend der Notenbank-Sitzung hatte der Staatschef abermals gegen die «Hochzinspolitik» gewettert. Er habe zwar keine Befugnis, sich in die Geldpolitik einzumischen. Doch sei es sein Recht als Präsident, öffentlich Kritik zu üben, zumal das Volk ihn ohrfeige und nicht die Bürokraten der Zentralbank. Bis am Donnerstagabend lag keine Reaktion Erdogans vor.

Mit der Zinserhöhung hat sich die nominell unabhängige TCMB ein Stück Glaubwürdigkeit zurückerobert. Allerdings ist fraglich, ob die Zinskorrektur genügt, um den Zerfall der Lira zu stoppen. Politische Unwägbarkeiten, das hohe Leistungsbilanzdefizit und das nachlassende Wirtschaftswachstum dürften der Landeswährung weiterhin zusetzen.

Quelle: nzz.ch

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