Über Melkkühe, die ihren Bauern über alles lieben
In den letzten Tagen gehen die Wortgefechte zwischen Deutschland und der Türkei wieder hin und her. Viele Politiker der türk. Regierungspartei sehen die Deutschtürken als eine mögliche Waffe gegen Deutschland.
Mit diesem Satz fing ich mein Artikel zu schreiben an. Wir hatten Juni 2013. Wenn es um Deutschland und Türkei geht, kann man sich immer wiederholen und man ist doch immer aktuell. Die Auslandstürken sind, wo es auf die Präsidentenwahlen zugeht, auf einmal wieder so wichtig geworden. Für ‘unsere’ Auslandstürken gilt wieder einmal der bekannte Werbespruch : Noch nie war er so wertvoll wie heute.
Wie sagte der Ministerpräsident der Türkei hin und wieder : “Dann werden wir unsere 3,5 Mio. Türken in Deutschland aktivieren !”
‘Unsere’ ? Seit jeher hat sich niemand um die Auslandstürken geschert. Sie lebten für sich. Abgekoppelt von der Heimat. Als die türkischen Exporte sich damals um 200 Mio. USD (Jahr) bewegten, waren die Milliarden von DM, die von den Almancis (Deutschländer, wie sie in der Türkei genannt werden), die einzigen Devisen, die die Türkei zu Gesicht bekam.
Die Auslandstürken waren schon immer die Herzlungenmaschine des damaligen kranken Mannes am Bosporus. Nur lag hier eine besondere Situation vor. Die Auslandstürken wussten nicht, dass sie so wichtig waren und die Inlandstürken ließen diese nicht merken, dass sie so wichtig waren. Da sich die Auslandstürken und im Besonderen Deutschtürken immer uneins sind und waren, konnten sie mit dieser Macht, die sie immer hatten, nichts anfangen.
Zu keiner Zeit hat keine der Regierungen irgendetwas Gutes für die Auslandstürken getan. Sie waren die Kuh, die nur dazu da war, gemolken zu werden. Und die Kuh war stolz gemolken zu werden. Schließlich spürte man so, dass man Türke und wertvoll war.
Evtl. könnten die Auslandstürken mal in Indien um Beachtung buhlen. Dort sind die Kühe vom Hause aus heilig.
Als Erste haben die pro-islamischen Gruppierungen gemerkt, dass die heiligen Kühe auch bei den türkischen Wahlen eine wichtige Rolle spielen könnten und würden. So nahm man sich dieser Gruppe an. Was man denen gab war nicht viel. Man schenkte ihnen Beachtung und einen feuchten Händedruck. Auch wenn kurz vor den Wahlen mal Weihnachtsgeschenke in Form von Kühlschränken, Türkei-Reisen usw. gab, so blieben diese Menschen die heiligen Kühe der Türkei.
Den neugeborenen Kindern türkischer Eltern flüstert man schon im Kindesalter ins Ohr, dass Deutschland sie diskriminiert und diskriminieren wird. So wachsen sie heran und denken bei jedem Missgeschick oder Ereignis, welches nicht nach Gusto verläuft, dass die Deutschen sie nicht akzeptieren bzw. unterdrücken. Fast alle glauben, von der deutschen Gesellschaft nicht gerecht behandelt zu werden. Sie können nicht unterscheiden, ob es auf eigenes Unvermögen, Pech oder den Lauf der Dinge zurückzuführen ist, oder ob tatsächlich Türken-Hass im Spiel ist.
In der Regel ist es nicht das Letztere. Mit der Arbeitssuche in Verbindung gebracht müssten dann, wenn letzeres stimmen würde, alle Deutschen eine Arbeit finden.
So wollen viele junge Türken in die Heimat ihrer Eltern oder Großeltern auswandern. Das sind nicht, wie sie oft fälschlicherweise genannt werden, ‘Rückkehrwillige’, das können sie auch nicht sein. Die Türkei kennen sie von den Erzählungen der Eltern und vom Urlaub. Überhaupt tragen die Eltern die Hauptschuld an der Misere bei denen, die dieses als solches erleben. Sie flüstern den Kindern immer wieder etwas ins Ohr, was zum Teil stimmen mag, jedoch zumeist an der Realität weit vorbeigeht.
“Aah, ahh canım memleketim taşı toprağı altın.” Bedeutet “Ach, meine schöne Heimat, deren Steine und Böden aus Gold sind”. Dieser nichtssagende Satz hallt ab dem Zeitpunkt ständig in den Ohren der Kinder und Jugendlichen nach. Man muss doch verrückt sein, nicht dorthin zu gehen, wo die Erde und die Steine aus Gold sind.
Das Ganze angereichert mit den positiven Nachrichten der letzten 10 Jahre machen das Bild rund.
Nur, was die wenigsten wissen. Die Deutschtürken sind nicht integrierbar. Dabei spreche ich nicht von Deutschland sondern der Türkei.
In der Türkei angekommen, merken sie wie anders sie sind. Alles ist ihnen fremd. Nur die Sprache kommt ihnen so bekannt vor. Auch da merken sie, dass sie in Deutschland glaubten Türkisch zu können dieses aber doch nicht taten. Jetzt kommt erschwerend hinzu, dass sie die türkische Sprache richtig lernen müssen.
Auch hier möchte ich nicht ins Detail gehen. Die erste Generation der Deutschtürken kann ein Lied davon singen, wie sie in der Türkei ankamen und sofort ausgenommen worden sind. In Null Komma Nichts waren die hart erarbeiteten Ersparnisse von 20-30 Jahren weg.
Den Status ‘Melkkuh’ verlieren die Deutschtürken hier wie dort nicht. Das ist das Beständige in ihrem Leben.
Übrigens wechsle ich bewusst zwischen Deutschtürken und Auslandstürken hin und her. Die Deutschtürken scheinen besonders zum Melken geeignet. Stillschweigend lassen sie alles mit sich machen. Dank Atatürk hatte die Türkei das Wahlrecht für Frauen (die Beachtung und Rechte der Frauen konnten da nicht mitziehen) viel früher als die meisten europäischen Länder eingeführt. In fast 100 Jahren Republiksgeschichte hat es aber noch niemand geschafft, es den Melkkühen zu ermöglichen, von ihrem Wahlrecht vom Ausland aus Gebrauch machen zu können. Sie müssen, wenn sie wählen wollen, ab ca. 6 Wochen vor dem eigentlichen Wahltermin in die Türkei einreisen und an einem der an der Grenze oder in Flughaefen aufgestellten Wahlurnen dürfen sie endlich ihre Stimme abgeben! Bei den Präsidentschaftswahlen soll jetzt das Wählen aus dem Ausland auf die schnelle möglich gemacht werden. Es geht nämlich um was ganz Wichtiges ! Erdogan muss gewählt werden. Wo hat er die besten Anhänger ? In good old Germany. Auch bei zukünftigen Wahlen wird man stärker auf sie setzen. Sie sind halt eine Bank und sichere Stimmen für die Regierungspartei.
Sie bleiben aber auch einem anderen Grund wichtig. Fast jeder in Anatolien, hat einen Verwandten in Deutschland.
“Parayı veren düdüğü çalar !” bedeutet frei übersetzt “Wer bezahlt, bestimmt die Musik“
Wenn man also den Auslandstürken und in diesem Fall den Deutschtürken überzeugt, eine bestimmte Partei zu wählen, kann man fast sicher sein, dass die Verwandschaft in der Türkei da mitzieht. Es sei denn, sie schneiden den Ast ab, an dem sie sich festhalten.
Heutzutage sind sie wieder die “Unseren” im Fokus türkischer Politiker. “Wenn ich die Deutschtürken mal aktiviere, kann Deutschland sehen, was passiert.”, “Wir haben dort eine Armee.”
Das ‘Wir-Gefühl’ kommt bei den Inlandstürken immer in Krisenzeiten hoch. Auf einmal erinnert man sich an die Auslandstürken. Ab dem Zeitpunkt gibt es eine kleine Statusveränderung. Sie sind nicht mehr Melkkühe, sondern einfache Kühe von denen man glaubt, dass sie sowieso mitziehen, wenn man denen sagt, was zu tun ist. Den ‘Leithammel’ gibt es schon lange.
Jetzt liegt es an meinen lieben Deutschtürken oder sagen wir lieber den Menschen türkischen Ursprungs in Deutschland (die Türken sind Gefühlsmenschen und schnell beleidigt), ob sie sich das in Deutschland mühsam Erarbeitete für einen Leithammel aus der Türkei aufs Spiel setzen, der sie niemals ernstgenommen hat und auch nicht ernst nehmen wird.
Dabei möchte ich nicht parteiisch sein. Die Leithammel vorher waren auch nicht besser. Die ‘Deutschtürken’ sollten sich besser auf den ersten Teil des Wortes, nämlich ‘Deutsch’ konzentrieren. Hier sind sie nämlich ein Teil vom Ganzen, integriert oder nicht. Sie sind es !
Und bitte nicht künstlich aufregen, wenn man mit türkischem Pass in Deutschland nicht wählen darf, obwohl man hier lebt. Mit türkischem Pass kann der Auslandstürke auch nicht in der Türkei wählen. Es sei denn, er reist zur Stimmabgabe in die Türkei (die Ausnahme bleiben die bevorstehenden Präsidentenwahlen im August. Nur, wie das Ganze funktionieren soll, weiß man auch nicht so recht.)