Türkei-Business – Die Spielregeln sind andere

bigbossEigentlich geht es  wieder darum, dass die Türkei und besonders Türkei Geschäfte nur für Ausländer schön sind. Unter rein Türken, funktioniert das Ganze nicht so rund wie mit Ausländern. Gibt ein türkischer Geschäftsmann z.B. einem Deutschen ein Termin, so ist er pünktlich. Mehr noch, er schickt sein Chauffeur zum Hotel und lässt  den Gast abholen. Gerade im Büro angekommen wird ihm schon innerhalb der ersten Minuten gefragt, ob er lieber Fisch oder Fleisch isst, denn das Mittagessen wird eingeplant (übrigens, wenn Sie Spaß haben wollen, sagen Sie zuerst, sie seien Vegetarier). Dem Gast wird all das zuteil, was eigentlich die türkische Gastfreundschaft ausmacht und die Deutschen nach der Rückkehr sagen lässt : “Ach, wissen Sie, die Türken sind sooo was von gastfreundlich”. Klar, du bist ja Ausländer und man erhofft sich was von dir. Nun gut, dass klingt jetzt so, als ob alle scharf auf Geld und Business wären. Im Privaten sind die Türken nicht auf Vorteile aus, wie in der Geschäftswelt. Da kommt das Naturell des Türken, genau wie im Geschäftsleben, automatisch zum Vorschein, nur sind die Beweggründe andere. Herzlichkeit und das Bedürfnis Fremde zu hoffieren, damit sie sich in der Türkei wohl fühlen ! Ein weiterer Grund ist, der Wunsch, dass man gut über das Land und Leute redet. (Sonra bizim hakkimizda ne derler?)

Wenn Türken mit Türken Geschäfte machen, herrschen andere Sitten. Ich möchte hierbei nur auf die Pünktlichkeit eingehen. Sonst müsste ich meterlang schreiben. In den meisten Fällen kommt der eine oder andere zu spät zum Termin. Manchmal habe ich in den Kalender schauen müssen, ob ich mich an dem Tag geirrt habe. Das ist wie mit der Geschichte des Briten, der in Bombay zum Bahnhof läuft. Da fragt ihn ein Inder warum er den so rennt. Daraufhin sagt er, dass sein Zug in zehn Minuten abfährt. Der Inder belehrt ihn, dass die Züge in Indien grundsätzlich einige Stunden Verspätung hätten. Der Brite sieht aber seinen Zug im Gleis einfahren und zeigt darauf ;”Da ist doch mein Zug schon!” Der Inder sagt ganz trocken : “Das ist der Zug von gestern”. Genau dieses Gefühl bekommt man, wenn man wartet.

Das Verhältnis der Warte- und Gesprächszeit beim Termin in der Türkei müsste in meinem Leben 5 zu 95% zugunsten des Wartens ausfallen. Oder gar noch mehr. Da ich fast mit allen deutschen Tugenden ausgestattet bin, muss ich u.a. pünktlich sein. Ich auf dem Tag genau mit 9 Monaten auf die Welt gekommen und auch danach habe ich mich nie verspätet. In einer Stadt wie Istanbul pünktlich zu sein bedeutet manchmal Stunden vor dem Termin loszufahren. Man weiß ja nicht, wo der Verkehr hängenbleibt. Deshalb bin ich manchmal Stunden oder noch länger vor dem Termin da (Konrad Adenauer : “Zu früh ist auch unpünktlich.”) und muss die Zeit vertrödeln. Zum Glück sind wir im Internetzeitalter und man kann im Starbucks (mein Büro in jeder Stadt) viel Schreibarbeit vom Tisch schaffen.

Derjenige der zu spät kommt, sagt automatisch : “Entschuldigen Sie die Verspätung, aber Sie wissen ja, der Istanbuler Verkehr”. Ich beherrsche mich und versuche ihn nicht bloßzustellen, den ich bin nicht vom oben herabgefallen, diesen Verkehr musste ich ebenfalls über mich ergehen lassen.

Ich habe aber in der langen Zeit meines Schaffens z.B. auch das erlebt. Der Boss, in dessen Büro wir uns treffen wollten, holte mich vom Hotel ab. Wir fuhren gemeinsam zum Termin. Dorthin sollten sich noch 3-4 Geschäftspartner einfinden. Wir waren pünktlich. Noch 10 Minuten bis zum Termin. Da sagt der Big Boss zu seinem Fahrer, er solle vor einem Cafe anhalten. Wir stiegen aus um noch ein Kaffee zu trinken. “Aber müssen wir nicht zum Termin ?” war meine Reflexreaktion. Er sagte : “Herr Dener, ich muss die anderen warten lassen, damit die merken, wer hier das Sagen hat.”. Verstehe 🙂

 

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