Türkische Unternehmen im Angebot (solange Vorrat reicht)

Neulich fragte mich ein Freund, warum multinationale Unternehmen, die manchmal hunderte von Millionen oder gar Milliarden bei Unternehmenskäufen hinlegen, in der Türkei Unternehmen für 2, 5, 15 Mio. Euro erwerben. Klar werden auch höhere Beträge bezahlt, aber das sind eher die Ausnahmen. Der Grund ist sehr simpel. Wie in Deutschland, so ist der Mittelstand auch in der Türkei das Rückgrat der Wirtschaft. Mit einem Unterschied. Der türkische Mittelständler würde in Deutschland als Kleinunternehmen eingestuft werden. Nur damit man eine Elle hat, kann ich hierbei die Höchstumsatzgrenze der Darlehensantragsteller bei der Kreditvergabe der Banken aufführen. Die Abteilungen für Mittelstandsdarlehen bearbeiten die Darlehensanträge von Unternehmen bis zu einem Jahresumsatz von 5 Mio. USD (ca. 3,6 Mio. Euro). Was darüber hinaus geht ist schon ein Großunternehmen.

Ein weiterer Grund, weshalb man glaubt, dass es die türkischen Unternehmen im ‘Angebot’ gibt, solange Vorrat reicht, ist die Tatsache, dass der Käufer eigentlich nur scharf auf das Kundenportfolio ist. So kommt er durch den Kauf, schnell in den jeweiligen Markt rein. Die meisten türkischen Mittelständler gehen mit der Technologie kaum auf Augenhöhe. Da auch Innovationen Geld kosten und weggelassen werden, bleiben nur noch der Firmenmantel, die Immobilie, die Mitarbeiter und wie gesagt, das Kundenportfolio.

Auch wenn die Unternehmen günstig zu erwerben sind, so muss man dennoch mit einem, eigentlich nicht berechtigten, für das betreffende Unternehmen hohen Preis rechnen. Lasse ich den Firmeneigentümer merken, dass ich an seinem Unternehmen interessiert bin, so nennt er mir ‘ausnahmslos’ einen Preis, jenseits von Gut und Böse. Deshalb rede ich so lange um den heißen Brei herum bis derjenige selber auf die Idee kommt sein Unternehmen evtl. zu verkaufen.

Es werden sehr viele Deals im einstelligen bzw. niedrigem zweistelligen Millionen Euro Bereich abgewickelt und nicht an die große Glocke gehängt. Mir scheint, dass den Riesen das Ganze peinlich ist, solch einen Schnäppchen gemacht zu haben. Image schädigend dazu  😉

Übrigens, die ausgehandelten Preise müssen sofort, noch an dem Tag der Entscheidung des Verkäufers irgendwie besiegelt werden (bindend nur bei einem Notar). Der Verkaufspreis, so denkt der Verkäufer, ist im Fokus seines Umfelds, eigentlich der ganzen Welt. Das sind nicht nur die Konkurrenten, sondern die ‘beste Ehefrau der Welt’, der Chauffeur, der Tankwart, der Zeitungsverkäufer… praktisch jeder. Nur einer braucht sagen : “Meinen Sie nicht, dass es zu dem Preis fast geschenkt ist ?”. Adios Business ! Deal platzt garantiert. Oder der Verkäufer sagt am nächsten Tag : “Wissen Sie, ich habe mit einigen Experten gesprochen…” dabei meint er seine Frau, Chauffeur, Gärtner oder … 🙂

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